Ein Minister in Schwierigkeiten - Kritik an Günter Baaske / Oberstufenzentren verlieren Ausbildungsgänge

29.06.2015, 10:03 Uhr | Pressebericht des Prignitzer

Potsdam Bildungspolitik und -landschaft kommen in Brandenburg nicht zur Ruhe. Weiter fehlende Lehrer und ein unglücklich agierender Bildungsminister Günter Baaske auf der einen, Probleme in den Oberstufenzentren auf der anderen Seite.

Als Baaske im letzten Landtagsplenum noch laut über einen Abzug der an  Brandenburgs Gedenkstätten tätigen Lehrkräfte nachdachte, um so den Lehrermangel zu beheben, zog er sich fraktionsübergreifenden Ärger zu. Jetzt die Kehrtwende: "An den Gedenkstätten leisten diese Lehrkräfte hervorragende Arbeit, die ausgesprochen wichtig für das Geschichtsbewusstsein der Jugendlichen und die Demokratiebildung ist", sagte der Minister nun im Bildungsausschuss. Die Arbeit dieser Lehrkräfte würde deswegen fortgesetzt. "Die Stunden in den Gedenkstätten fehlen natürlich an den Schulen", machte er deutlich. "Deshalb benötigen wir Finanzmittel, um diese Stunden an den Schulen mit anderen Lehrkräften besetzen zu
 können."

Die Opposition feiert die Zusage Baaskes bereits als Sieg: "Das Problem des Unterrichtsausfalls ist ernst zu nehmen, doch es muss durch die Einstellung zusätzlicher Lehrkräfte gelöst werden und nicht dadurch, dass man die Bildungsarbeit
 in den brandenburgischen Gedenkstätten schleift", sagt die Bildungspolitikerin der Grünen, MarieLuise von Halem. "Es passt nicht zusammen, auf der einen Seite Gedenktage einzuführen und auf der anderen die Gedenkstätten des Landes zu schröpfen", sagt auch der Prignitzer CDU-Bildungspolitiker Gordon Hoffmann.

Baaske benehme sich "wie die Axt im Walde" und glaube, damit den Bildungsnotstand im Land beheben zu können. "Aber seine hemdsärmelige Art kommt bei vielen im Land nicht gut an - und ist dem Ernst der Situation auf keinen Fall angemessen", so Hoffmann weiter.

Unterdessen meldeten sich beim Dauerthema Unterrichtsausfall auch die Landtagsabgeordneten von BVB/Freie Wähler zu Wort: Gestern schlugen sie vor, dass Eltern zusammen mit den Zeugnissen ihrer Kinder auch ein weiteres Formblatt zur Dokumentation des Stundenausfalls erhalten sollten. Eltern und Schüler sollten so Klarheit über die nicht erteilte Stoffmenge erhalten. Zugleich sollte so eine schulische Dokumentationspflicht begründet werden, sagte der Landtagsabgeordnete Peter Vida.

Schülermangel an den OSZ
 Eine andere Baustelle öffnet sich akut an Oberstufenzentren (OSZ). Schuld ist die geringe Zahl von Auszubildenden in einigen Berufen. Verschiedene Bildungsgänge stehen vor der Schließung, räumt Günter Baaske ein.

So läuft beispielsweise die Ausbildung von Rechtsanwaltsfachangestellten in Neuruppin und Cottbus aus. Darüber sei die Anwaltschaft in Brandenburg besorgt, sagte Kristof Biehl vom Vorstand der Rechtsanwaltskammer.

Eine Schließung von OSZ prüfe die Landesregierung nicht, betonte Baaske. "Vielmehr werden die 25 OSZ qualitativ weiterentwickelt", so der Minister. Ziel sei ein optimiertes und stabiles regionales Netz beruflicher Bildungsgänge an allen Oberstufenzentren. Um die Wege kurz zu halten, können angehende Rechtsanwaltsfachangestellte laut Baaske auch Schulen in Nachbarbundesländern wie Mecklenburg-Vorpommern besuchen.

Diesen Vorschlag hält die Rechtsanwaltskammer für nicht umsetzbar, da die Wege zu weit und die Fahrt- und Übernachtungskosten zu hoch seien. Ein Auszubildender erhalte im ersten Lehrjahr gerade einmal 325 Euro pro Monat. Praktisch werde die Schließung dazu führen, dass nur noch im Landgerichtsbezirk Potsdam Rechtsanwaltsfachangestellte ausgebildet werden, sagte Biehl. An dem OSZ Neuruppin stehen auch andere Berufe vor dem Aus: In Neuruppin können auch angehende Zimmerer, Maurer, Dachdecker und Ausbaufacharbeiter keine Ausbildung mehr beginnen. Die Azubis müssen zum Teil auf andere Schulen im Land ausweichen. (Von Benjamin Lassiwe Von Anja Sokolow)
Quelle: www.prignitzer.de