LÜBBEN/LUCKAU Lehrer, Eltern, Schulleiter und Schulräte eint derzeit wohl eines: die große Sorge um die Bildungsqualität in Brandenburg. In Dahme-Spreewald fehlen kurz vor den Sommerferien noch ein Dutzend Lehrer für kommendes Schuljahr. Bildungspolitiker des Landtags sahen sich kürzlich mit diesen Problemen konfrontiert. Einmal im Jahr hat der Bildungsausschuss des Dahme-Spreewald-Kreistags hohen Besuch. Zum zehnten Mal waren dieser Tage die bildungspolitischen Sprecher der Landtagsfraktionen eingeladen. Der harten Diskussion stellten sich Simona Koß (SPD), Gordon Hoffmann (CDU) und Steffen Königer (AfD), letzterer in Vertretung der eigentlichen Sprecherin. Gerrrit Große von der Linken hatte sich entschuldigen lassen, Marie-Luise von Harlem (Bündnis 90/Die Grünen) kam aus Termingründen ebenfalls nicht.
Das Beispiel beschreibt den Sinn der jährlichen Treffen gut. So gelang es dem Ausschuss vor Jahren schon einmal, Einfluss auf eine Neuverordnung für die gymnasiale Oberstufe zu nehmen. Der Bildungsminister hieß damals noch Holger Rupprecht (SPD) und war der Einladung des Ausschusses nach Lübben gefolgt.
Diesmal saßen Schulleiter, Abgeordnete und Landes-Bildungspolitiker im Schiller-Gymnasium Königs Wusterhausen zusammen. Klar wurde vor allem eins: Die Sorgen um die Bildungsqualität, der Frust über mangelnde Kommunikation sind ins beinah Unermessliche angestiegen. Und werden zumindest im Ansatz vom Staatlichen Schulamt geteilt.
Doch der Reihe nach: Mario Bengsch präsentierte als Direktor des Schiller Gymnasiums einerseits die Erfolge der Schule, andererseits die Probleme. Erst kürzlich waren eine Schülerin und ein Schüler mit dem Dr.-Hans-Riegel-Fachpreis des Landes Brandenburg an der Universität Potsdam ausgezeichnet worden. Damit sei das Schiller-Gymnasium eine der wenigen Schulen im gesamten Land, die sich auf diesem Niveau präsentieren können, ohne speziell auf Hochbegabte ausgerichtet zu sein, ordnete Bensch ein. Und das, kam er auf die Probleme zu sprechen, bei der Herausforderung, die Unterrichtsqualität unter den Bedingungen der verkürzten Schulzeit und der einmal mehr veränderten gymnasialen Oberstufe aufrecht zu erhalten. Der Lehrer-Schüler-Schlüssel sei der Knackpunkt aller Dinge, so Bensch weiter. Immer weniger Stunden werden wirklich gegeben, untersetzte der Direktor mit einer Statistik der vergangenen acht Jahre. Demnach sank die Zahl der tatsächlich existierenden Stunden am Schüler um acht Prozent von 1254 auf 1176.
Kursstärken seien weiter ein großes Problem, ebenso das steigende Durchschnittsalter der Lehrer, auf das kürzlich auch Ulrich Haase als Direktor des Lübbener Gymnasiums aufmerksam gemacht hatte. Und schließlich stelle die Zusammenlegung der Schulämter, wodurch LDS nun von Cottbus aus betreut wird, die Schulen vor besondere Probleme. All das zugespitzt, fragte er die Bildungspolitiker: "Ist die Politik willens, bei der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation der Bildung einen anderen Stellenwert zukommen zu lassen?"
"Uns steht das Wasser bis zum Hals", ergänzte Schulleiterin Frauke Glowatzki vom Humboldt-Gymnasium in Eichwalde. "Über Qualität des Unterrichts oder neue Rahmenlehrpläne brauchen wir uns gar nicht zu unterhalten. Wir reden über Unterricht überhaupt." Schulrätin Yvonne Böhm fügte hinzu: Dass nur Wochen vor den Sommerferien noch zwölf Lehrerstellen in DahmeSpreewald unbesetzt seien, bereite ihr schlaflose Nächte. Den Gymnasien fehlen ihr zufolge die Fachlehrer. "Lehrer der Naturwissenschaften sind Goldstaub. Wir haben die Leute nicht und können sie also auch nicht einstellen", stellte sie nüchtern fest.
Dass es im Speckgürtel aufgrund der Hauptstadtnähe weniger Probleme gäbe, Lehrer einzustellen, habe sie früher geglaubt, kam sie auf einen weiteren Knackpunkt zu sprechen: die ungleiche Besoldung zwischen Brandenburg und Berlin. "Wird darüber nachgedacht, diese auszugleichen?", wollte sie von den Politikern wissen.
Dies sei bei der letzten diesbezüglichen Gesetzesnovelle mitdiskutiert worden, aber letztlich nicht mehrheitsfähig gewesen, informierte Gordon Hoffmann (CDU). Im Schulamt Neuruppin seien sogar noch 50 Stellen unbesetzt für das kommende Schuljahr, setzte er als Oppositionspolitiker noch einen drauf. Unterm Strich "haben wir in der Bildung immer noch einen riesigen Berg Probleme".
Dem widersprach Simona Koß nicht gänzlich, verteidigte ihre Regierungspartei aber auch mit den Worten: "Es war nicht alles schlecht." Sie blieb bei aller massiven Kritik an der rot-roten Bildungspolitik sachlich und versprach, vieles mitzunehmen: "Es gibt neue Wege, aber das dauert leider." Die Schulleiter konnte das freilich nicht zufriedenstellen. "Kommt", sagte einer gegen Ende der Diskussion, "wir kriegen keine Antworten auf die Fragen, die wir gestellt haben".
Quelle: www.lr-online.de/regionen/spreewald/luebben/Uns-steht-das-Wasser-bis-zum-Hals;art1058,5077618