23.03.2016, 10:06 Uhr | Presseartikel der Märkischen Oderzeitung

Ministerium stellt Inklusion auf neue Füße
Schrittweise Erweiterung geplant

Potsdam (MOZ) Die Zukunft der Inklusion an brandenburgischen Schulen befindet sich in der Schwebe. Ein Modellversuch an 84 Grundschulen ist mit durchwachsenen Ergebnissen ausgelaufen. Nun soll ein Konzept zur Fortsetzung erarbeitet und ab dem übernächsten Schuljahr umgesetzt werden.

Im Schuljahr 2012/13 startete der Schulversuch zur Integration von Kindern mit gesondertem Förderbedarf an 84 Grundschulen. Diese erhielten zusätzliche Lehrer, um Schülern, die sonst in Förderschulen gegangen wären, die Möglichkeit zu geben, in Regelschulen den Unterrichtsstoff zu bewältigen.

Eine wissenschaftliche Begleitung des Pilotprojektes durch die Universität Potsdam, die im Februar im Bildungsausschuss vorgestellt wurde, brachte eher ernüchternde Ergebnisse. So schneiden Schüler ohne Förderbedarf im inklusiven Unterricht etwas schlechter ab als in Vergleichsklassen, zudem fühlen sich Kinder mit Förderbedarf weniger integriert und haben ein geringeres Selbstwertgefühl als ihre Mitschüler. Bis zum Sommer soll das Bildungsministerium nun ein Konzept vorlegen, wie es mit der Inklusion weitergeht. Bildungsstaatssekretär Thomas Drescher erklärte, dass ab dem Schuljahr 2017/18 mit dem Ausbau der Inklusion begonnen werden soll. Eine vollständige Übertragung auf alle Grundschulen sei jedoch nicht mit einem Schlag machbar, betonte er.

Nach Information dieser Zeitung wird derzeit geprüft, ob pro Jahr für je 20 weitere Grundschulen die Möglichkeit eröffnet werden kann, inklusiven Unterricht anzubieten. Dazu müssten zusätzliche Lehrerstellen geschaffen werden.

In den Eckpunkten für den Doppelhaushalt 2017/18 sind die zusätzlichen Stellen nicht vorgesehen und müssten mit dem Finanzminister noch ausgehandelt werden. Für eine flächendeckende Einführung des gemeinsamen Unterrichts waren in der vergangenen Legislaturperiode rund 800 zusätzliche Lehrkräfte errechnet worden. Eine verordnete Schließung der Förderschulen für Kinder mit Lernschwächen ist zurzeit nicht angedacht. Stattdessen setzt man im Bildungsministerium offenbar darauf, diese so lange zu erhalten, wie es Bedarf für sie gibt. Erwogen wird auch, die sieben Förderschulen landesweit für Kinder mit emotionalem und sozialem Förderbedarf weiter bestehen zu lassen.

Diskutiert wird auch eine leichte Verbesserung in der Schüler-Lehrer-Relation im Vergleich zum bisherigen Schulversuch. Pädagogen, die am Pilotprojekt teilnahmen, hatten mehrfach eine bessere Personalausstattung gefordert. Bislang waren 3,5 Lehrerstunden pro Woche und Schüler mit Förderbedarf vorgesehen. Das Verhältnis könnte künftig auf vier Wochenstunden angehoben werden. Geprüft wird auch, Kinder mit Sprachproblemen in Sprachklassen an Regelschulen zusammenzufassen.

Die brandenburgische CDU hatte in der vergangenen Woche gefordert, Inklusion nicht überstürzt einzuführen. Zunächst müssten die Schulen besser ausgestattet und ein ganzheitliches Konzept vorgelegt werden, forderte der bildungspolitische Sprecher der CDUFraktion, Gordon Hoffmann. Die Förderschulen werden aus Sicht der Christdemokraten weiter benötigt und müssten von der Landesregierung eine entsprechende Bestandsgarantie erhalten. (Von Ulrich Thiessen)

Quelle:
www.moz.de/nachrichten/brandenburg/artikel-ansicht/dg/0/1/1468976/