09.09.2016, 10:30 Uhr | Presseartikel des Prigntzer
Kommt jetzt doch ein beitragsfreies Kita-Jahr? Kurswechsel bei der SPD: Bis 2018 sollen Vorschläge zur Entlastung der Eltern vorliegen
Brandenburgs SPD plant den Einstieg in ein beitragsfreies Kita-Jahr. Im Herbst soll eine parteiinterne Kommission über eine schrittweise Entlastung der Eltern beraten und bis 2018 dazu Vorschläge vorlegen, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Mike Bischoff gestern in Potsdam. „Wir sind fest der Auffassung, die 56 Millionen Euro, die Brandenburg aus dem abgeschafften Betreuungsgeld des Bundes erhält, konsequent und zielgerichtet in weitere Verbesserungen der Kitas zu investieren.“
So sollen Kindertagesstätten in sozialen Brennpunkten, die von der SPD euphemistisch als „Kiez-Kitas“ beschrieben wurden, jährlich fünf Millionen Euro zur Verbesserung ihres Personalschlüssels erhalten. Bischoff nannte das Beispiel einer Kindertagesstätte in einem Plattenbauwohngebiet in Brandenburg (Havel), wo 60 Prozent der Kinder aus Hartz-IV-Familien stammten. „So eine Kita können wir nicht genauso ausstatten, wie eine Kita in einer Eigenheimsiedlung.“ Zudem will die SPD den Kommunen rund 40 Millionen Euro für den Neubau, aber auch die Sanierung und Modernisierung von Kitagebäuden zur Verfügung stellen. Geplant sei schließlich auch, die von Kitaträgern geforderte so genannte Leitungsfreistellung von Kitaleitern für Organisationsgespräche noch in dieser Legislaturperiode umzusetzen.
Der Koalitionspartner der SPD, die Linke, fordert schon länger die Einführung eines beitragsfreien Kitajahres. „Wir freuen uns, dass die SPD nun auf die Linie der Linksfraktion eingeschwenkt ist“, sagte deren Fraktionsvorsitzender Ralf Christoffers.
Von einem „großen Fortschritt“ sprach auch der Vorsitzende der Liga der Freien Wohlfahrtsverbände, Martin Matz. Das Vorstandsmitglied des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg schlesische Oberlausitz (DWBO) begrüßte gegenüber dem „Prignitzer“, dass die Mittel aus dem Betreuungsgeld nun fast vollständig in den Kindertagesstätten ankämen. „Wir gucken aber weiterhin kritisch auf das Thema Beitragsfreiheit“, sagte Matz. „Qualitätsverbesserungen durch einen geringeren Personalschlüssel in allen Kitas wären aus unserer Sicht wichtiger, als eine Beitragsfreiheit.“
Ähnlich äußerte sich auch die bildungspolitische Sprecherin der Grünen, Marie-Luise von Halem. „Brandenburg zählt im bundesweiten Vergleich weiterhin zu den Ländern mit den größten Kitagruppen, was sich in der Regel negativ auf die Betreuungsqualität niederschlägt“, so von Halem. „Die Verbesserung der Kitaqualität durch kleinere Gruppen muss deshalb Priorität haben.“
Der CDU-Bildungspolitiker und Prignitzer Abgeordnete Gordon Hoffmann warf Bischoff vor, ungedeckte Schecks auszustellen, um der SPD „Zustimmungswerte zurückzukaufen“. Nach Angaben des Potsdamer Bildungsministeriums „würde ein beitragsfreies Kitajahr 170 Millionen Euro pro Jahr kosten“, sagte Hoffmann. „Da frage ich mich schon, wo dieses Geld herkommen soll.“ (Von Benjamin Lassiwe)
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