10.04.2018, 08:50 Uhr | Pressebericht der Märkischen Allgemeinen
Land arbeitet weiter an der Abschaffung der Noten Die brandenburgische Landesregierung will die Zwischenzeugnisse in den Klassen drei und vier abschaffen. Vergangenes Jahr hatte sie bereits die Zensuren in der zweiten Klasse abgeschafft. Kritiker sprechen von einer Entmündigung der Eltern.
Potsdam. Die Abschaffung der Zensuren an Brandenburgs Grundschulen geht weiter: Die Landesregierung will in den kommenden Jahren in den Jahrgangsstufen drei und vier die Halbjahreszeugnisse streichen. An ihre Stelle tritt ein „standardisiertes Lernentwicklungsgespräch“, wie aus einer Antwort des Bildungsministeriums auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Gordon Hoffmann hervorgeht.
Darüber hatte zuerst der „ Nordkurier“ berichtet. Demnach sollen die Halbjahreszeugnisse in der dritte Klasse ab dem Schuljahr 2020/21 und in der vierten Klasse ein Jahr später durch Gespräche und Informationen zur Leistungsentwicklung der Schüler ersetzt werden. Zensuren gibt es erst am Schuljahresende.
„Weiterer Schritt in Richtung Belanglosigkeit“
„Das ist ein weiterer Schritt in Richtung Belanglosigkeit“, kritisierte der Bildungsexperte Hoffmann. Nachdem im vergangenen Jahr bereits die Noten in der zweiten Klasse abgeschafft worden seien, würden nun auch die Halbjahreszeugnisse abgeschafft. „Eltern und Kinder wollen Notenzeugnisse, weil das eine akzeptierte Form der Rückmeldung über den Leistungsstand des Kindes ist“, sagte er. „Unter Noten kann sich jeder etwas vorstellen.“
Schon jetzt gebe es die Möglichkeit, dass Eltern schriftliche Lernstandsmeldungen anfordern können, sagte er. „Warum belässt man es nicht dabei? Die Eltern werden erneut entmündigt.“
Eltern werden im Juni informiert
Die neue Regelung betrifft jene Schüler, die im kommenden Herbst eingeschult werden. Im Schuljahr 2020/21 – wenn sie also regulär die dritte Klasse erreicht haben – wird es dann keine Halbjahreszeugnisse mehr geben. Alle betroffenen Eltern dieses Jahrgangs sollen im Juni bei Elternversammlungen über die neuen Regeln informiert werden. Die Klassenlehrer werden schon jetzt geschult.
Auf die Lehrer komme eine erhebliche Umstellung zu, erklärte Günther Fuchs, Landeschef der Lehrergewerkschaft GEW. „Es handelt sich um ein weiteres Experiment, und ich frage mich, ob wir die geeigneten Bedingungen dafür haben“, sagte er. Der Aufwand für Lehrkräfte steige enorm an. Die Regel sei widersprüchlich, denn am Ende des Schuljahres müssten die Lehrer doch Noten vergeben.
Umfrage unter Eltern: Die meisten wollen Noten
Brandenburg hatte im vergangenen Jahr die schriftlichen Informationen zur Lernentwicklung von Kindern von der ersten auf die zweite Klasse ausgeweitet. Zuvor konnten die Elternversammlung und Lehrerkonferenz darüber abstimmen, ob es Ziffernnoten oder schriftliche Lernstandsanalysen gibt. Dabei sprachen sich die Eltern überwiegend für Ziffernnoten aus, wie eine Erhebung aus dem vergangenen Schuljahr zeigt: An 777 Grundschulklassen gab es auf Wunsch der Eltern Noten, an 273 Klassen wurden schriftliche Ausführungen zum Lernstand angefordert.
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