Potsdam. Trotz der vielerorts angespannten Personalsituation soll es in Brandenburg auf absehbare Zeit keine Änderungen bei der Finanzierung der Betreuungszeiten geben. Der Bedarf an längeren Betreuungszeiten in Kitas sei regional sehr unterschiedlich. Die Einführung einer zusätzlichen Betreuungsstufe sei deswegen nicht der richtige Weg, sagte Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) am Mittwoch.
„Die Dauer des Betreuungsumfangs ist gestiegen. Allerdings weiß niemand in Brandenburg, um welchen Umfang“, sagte sie. „Niemand weiß, wie der tatsächliche Bedarf ist. Und bevor wir das nicht wissen, können wir keine seriöse Veränderung auf den Weg bringen.“ Bis Ende des Jahres soll bei den Kitas im Land abgefragt werden, wie viele Eltern ihre Kinder wie lange in die Obhut der Erzieherinnen geben. „Wenn wir das wissen, werden wir einen Vorschlag machen und den Kita-Trägern in dieser Frage auch helfen“, so Ernst.
Hintergrund der aktuellen Stunde zur Kita-Situation war die Selbstanzeige des landesweit tätigen Kita-Trägers Fröbel (36 Kitas mit 4200 Kindern). Er hatte kritisiert, dass das Land nur die Personalkosten für eine Betreuungszeit von bis zu 7,5 Stunden pro Tag und Kind finanziere. Von den Eltern dringend benötigt würden jedoch bis zu 10 Stunden. Deswegen könne er den Betreuungsschlüssel nicht mehr einhalten.
Laut Gesetz sind die Kommunen für die Finanzierung der Kitas zuständig, das Land beteiligt sich mit Zuschüssen – so die Position von Bildungsministerin Ernst. Marie Luise von Halem ließ dieses „juristische“ Argument nicht gelten: „Die Selbstanzeige ist ein Hilfeschrei, und natürlich hat das Land eine politische Verantwortung.“ Brandenburg rangiere bei den Gruppengrößen im Bundesvergleich auf den hinteren Plätzen, kritisierte sie. Dabei sei die Gruppengröße ein entscheidender Faktor für Qualität.
Abgeordnete von SPD und Linke hielten der Kritik die deutlich verbesserte finanzielle Ausstattung der Kindergärten entgegen. „Wir haben die Zuschüsse des Landes von 228 Millionen Euro schrittweise auf über 400 Millionen Euro angehoben“, sagte Gabriele Theiss (SPD). Außerdem sei der Betreuungsschlüssel verbessert worden. „Das entspricht mehr als 1500 Vollzeitstellen, die das Land voll finanziert“, sagte sie. Vor allem aber sei endlich der Einstieg in die beitragsfreie Kita erfolgt. Das letzte Jahr ist ab August für Eltern kostenfrei.
Der CDU-Abgeordnete Gordon Hoffmann sagte, Beitragsfreiheit allein reiche nicht. „Kostenlose Bildung nutzt nur, wenn sie gut ist – und das ist sie in Brandenburg nicht.“ Er hielt der Landesregierung zugute, dass sie „einige Schritte“ gegangen sei. „Aber nur zu sagen, wir haben etwas getan und legen nun die Hände in den Schoß, reicht nicht“, sagte er.
Gerrit Große (Linke) warf den Grünen, die die Debatte auf die Tagesordnung gesetzt hatten, Populismus vor. Der Vorwurf, Familienfreundlichkeit werde auf die lange Bank geschoben, sei anmaßend, sagte sie. „Das ist eine Ohrfeige für unsere Erzieher“, sagte sie.
Steffen Königer (AfD) bezeichnete es als „nicht hinnehmbar, dass Erzieher immer mehr unbezahlte Überstunden machen, nur weil die Landesregierung sich aus der politischen Verantwortung zu stehlen versucht und unberechtigterweise den Kommunen den Schwarzen Peter zuschieben will“.
Am 30. Mai soll die beitragsfreie Kita im Landtag beschlossen werden. Für diesen Tag haben mehrere Kita-Träger und Wohlfahrtsverbände eine Demonstration vor dem Landtag angekündigt. Sie wollen mit Eltern für eine bessere Personalausstattung protestieren.
Von Torsten Gellner
Quelle: http://www.maz-online.de/Brandenburg/Bildungsministerin-Britta-Ernst-lehnt-laengere-Betreuungszeiten-in-Brandenburger-Kitas-ab