25.05.2018, 15:11 Uhr | Presseartikel der Märkischen Allgemeinen
Gewerkschaft warnt vor massivem Lehrermangel GEW-Chef Fuchs: Grundversorgung an Brandenburgs Schulen in Gefahr
Der Lehrermangel in Brandenburg wird sich in den kommenden Jahren laut der Lehrergewerkschaft GEW dramatisch zuspitzen. Vor allem in berlinfernen Regionen sei deswegen die Unterrichtsqualität und die schulische Grundversorgung in Gefahr. „Wir brauchen nicht über die Qualität des Abiturs zu diskutieren, wenn an den Grundschulen nicht die basalen Fähigkeiten vermittelt werden können“, sagte GEW-Landeschef Günther Fuchs gestern in Potsdam. Er forderte ein Aussetzen von bildungspolitischen Reformen und „Experimenten“. Man könne nicht unerfahrene Quereinsteiger an den Grundschulen unterrichten lassen und dort gleichzeitig neue Lehrpläne einführen.
Fuchs warf der Landesregierung vor, den sich abzeichnenden Pädagogenbedarf verschlafen zu haben und nun mit geschönten Zahlen zu operieren. Laut offizieller Lehrkräftebedarfsplanung werden zum kommenden Schuljahr 683 Lehrer in den Ruhestand gehen. Eingestellt werden sollen 985 neue Lehrer. „Die Zahlen der Landesregierung stimmen schlichtweg nicht“, kritisierte Fuchs. Er bezifferte den realen Fachkräftebedarf auf 1600 Stellen: 1200 Lehrer und 400 Sonderpädagogen, um das gemeinsame Lernen (Inklusion) zu ermöglichen. Schließlich nehme nicht nur die Zahl der Erstklässler zu, auch wegen des Zuzugs von Menschen aus Berlin in den Speckgürtel und wegen der Beschulung von Flüchtlingskindern sei der Bedarf deutlich höher als offiziell behauptet.
Das Ministerium wies die Berechnung der Gewerkschaft zurück. Knapp 1000 Lehrkräfte würden zum neuen Schuljahr benötigt und zwar inklusive der Sonderpädagogen, sagte Ministeriumssprecher Ralph Kotsch. Aktuell habe man bereits 530 Pädagogen eine Einstellungszusage gegeben. „Das ist für Mai ein guter Wert. Die Einstellung läuft ja noch bis September“, sagte er. Zum kommenden Schuljahr wird der Anteil der Seiteneinsteiger deutlich ansteigen. Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) rechnet damit, dass fast jede zweite Neueinstellung an einen Nicht-Pädagogen geht, weil der Arbeitsmarkt abgegrast ist. Vor allem in den berlinfernen Regionen sei der Anteil der Seiteneinsteiger inzwischen schon extrem hoch, warnte die GEW. Das führe zu einer Ungleichbehandlung der Schüler im Land. „Die Eltern wollen das nicht“, sagte Fuchs. Er geht deswegen davon aus, dass das Thema Lehrermangel den Wahlkampf im kommenden Jahr bestimmen wird.
„Der Lehrermangel war so vorhersehbar wie die Dunkelheit um Mitternacht“, sagte der CDU-Bildungsexperte Gordon Hoffmann und bestätigte die Kritik der Gewerkschaft. Als Sofortmaßnahme müssten Lehrer, die in den Ruhestand wechseln, zurückgewonnen und ein Landlehrerstipendium eingeführt werden, forderte er. Außerdem müsste die Lehrerausbildung an der Universität Potsdam so schnell wie möglich ausgebaut werden. Darüber laufen seit Anfang des Jahres Gespräche zwischen dem Wissenschaftsministerium und der Universität. Ein Ergebnis, wie viele zusätzliche Studienplätze geschaffen werden, liegt noch nicht vor. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran“, sagte Ministeriumssprecher Stephan Breiding. Geld für eine Ausweitung der Studienkapazitäten stehe für dieses Jahr ohnehin nicht mehr im Haushalt bereit. Mehr Lehrer würden damit frühestens ab 2019 ausgebildet. „Alles andere ist illusorisch“, so Breiding.
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