Der Fahrplan für die Bildung der ersten rot-schwarz-grünen Koalition („Kenia“) in Brandenburg steht. Die drei beteiligten Parteien SPD, CDU und Grüne haben sich das Ziel gestellt, diese möglichst schon in drei Wochen abzuschließen. Aber ist das realistisch?
Zweifel sind angebracht angesichts der vielen noch strittigen Themen in fast allen Bereichen, die in dem DreierBündnis trotz der intensiven Sondierungsgespräche nicht geklärt sind. Zeitlich wurde wohl deshalb ein großzügiger Puffer bis Ende Oktober eingebaut. Dann wäre noch genügend Zeit für die Suche nach den neuen Ministern und Staatssekretären. Mitte November soll die Wahl des Ministerpräsidenten im Landtag sein.
Am Montag trafen sich zum ersten Mal die Arbeitsgruppen, die die Vorarbeiten für die 24-köpfige „Hauptverhandlungsgruppe“ (HV) mit den Koalitionsspitzen leisten sollen. Ihnen kommt eine vorentscheidende Rolle zu, welche Inhalte es in den Koalitionsvertrag schaffen.
Es gibt sieben Arbeitsgruppen mit jeweils 15 Mitgliedern. Fünf Personen konnte jede der drei Parteien dafür benennen. Die Arbeitsgruppen haben jeweils einen Chef, der offiziell aber nur „Koordinator“ genannt werden soll. Er klärt auch alles Organisatorische - vom Tagungsort bis zur Kaffeeversorgung. Die SPD als stärkste Kraft leitet drei der sieben Gruppen - darunter Bildung und Finanzen; CDU und Grüne je zwei. Jede Arbeitsgruppe hat neben dem Koordinator zwei hervorgehobene Obleute der jeweils anderen beiden Parteien.
Dieses Vorgehen ist im Vergleich zu bisherigen Koalitionsverhandlungen in Brandenburg neu. Arbeitsgruppen gab es bisher keine, alles wurde in der einen Runde der Hauptverhandler entschieden. Allerdings saßen da auch zwei und nicht wie jetzt drei Partner am Tisch.
Die Arbeitsgruppe 1 umfasst die Themen Bildung, Kita, Wissenschaft, Jugend, Sport, Kultur und wird von der SPD mit der Potsdamer Bundestagsabgeordneten Manja Schüle geleitet. Ihr zur Seite stehen zwei Bildungspolitiker:
Gordon Hoffmann (CDU) und Marie Luise von Halem (Grüne), die allerdings nicht mehr im Landtag sitzt. Zwei SPD-Ministerinnen sind auch mit dabei: Britta Ernst (Bildung) und Martina Münch (Wissenschaft).
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Uwe Feiler leitet die Arbeitsgruppe 2 - Energie, digitale Infrastruktur, Bauen, Wohnen, Verkehr, Wirtschaft. Die beiden neuen Abgeordneten Katja Poschmann (SPD) und Heiner Klemp (Grüne) sind Obleute. Die SPD stellt die beiden Minister Jörg Steinbach (Wirtschaft) und Kathrin Schneider (Infrastruktur) auf.
Ebenfalls von der CDU wird das Feld Polizei, Justiz, Integration, Asyl und Kommunen geleitet. Der bisherige innenpolitische Sprecher Björn Lakenmacher ist Chef der Arbeitsgruppe 3. Die SPD bietet als Obfrau Innenstaatssekretärin Katrin Lange auf und die Grünen die Potsdamerin Marie Schäffer. In der Runde ist die SPD prominent besetzt mit Noch-Innenminister KarlHeinz Schröter und Barnim-Landrat Daniel Kurth. Es wird damit gerechnet, dass die CDU den Zuschlag für das Innenministerium erhält. Dafür erste Wahl ist Verhandlungsführer Michael Stübgen.
Die Grünen leiten mit Isabel Hiekel die Arbeitsgruppe 4 (Landwirtschaft, Klima, Umwelt, Naturschutz, Verbraucherschutz) und mit Petra Budke die Arbeitsgruppe 5 (Soziales, Gesundheit, Pflege, Familie, Frauen, Senioren, Queer). Beide Politikerinnen sind neu im Landtag. Die CDU schickt in beide Arbeitsgruppen frühere Landeschefs: Der erst kürzlich zurückgetretene Ingo Senftleben kümmert sich um Agrar und Umwelt; Michael Schierack ist in der Arbeitsgruppe Soziales. Dort sitzt für die SPD auch DGB-Chef Christian Hoßbach.
Die Arbeitsgruppe 6 nennt sich „Gutes Regieren“ und bearbeitet auch die Themen Europa, Bund und „Ostdeutsche Interessen“. Die SPD koordiniert diese Arbeitsgruppe mit Katrin Lange. Landtagsvizepräsidentin Barbara Richstein (CDU) und für die Grünen Sahra Demus sind Obleute. Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert, Märkisch-OderlandLandrat Gernot Schmidt (beide SPD) und Elbe-Elster-Landrat Christian Heinrich-Jaschinski (CDU) verhandeln mit.
Die SPD leitet mit Fraktionschef Mike Bischoff die Arbeitsgruppe 7 Haushalt, Finanzen und BER. Die CDU schickt an seine Seite Saskia Ludwig und die Grünen Thomas von Gizycki als Obleute. In dieser Arbeitsgruppe muss auch der Kassensturz gemacht werden, was sich diese Koalition eigentlich leisten kann. Die Wahlprogramme von SPD und CDU, die jeweils Ausgaben in Höhe von 800-900 Millionen Euro vorsahen, dürften sich angesichts zu erwartender sinkender Einnahmen kaum umsetzen lassen. Die Hauptverhandlungsgruppe wird die Vorschläge der Arbeitsgruppen ab 7. Oktober prüfen.
Quelle: www.maz-online.de/Brandenburg/Rot-Schwarz-Gruen-Sie-verhandeln-in-Brandenburg-die-Kenia-Koalition