03.02.2023, 08:55 Uhr | Presseartikel des Nordkurier

Eine U-Bahn ins Luftschloss
U7 ZUM BER

SCHÖNEFELD Das alte Autokino von Schönefeld ist am Freitagnachmittag eine schlammige Brachfläche. Wo in der Corona-Pandemie noch die neuesten Blockbuster gezeigt wurden, ist kein Mensch zu sehen. Dann fährt ein Reisebus vor: Franziska Giffey (SPD), die um ihre Wiederwahl kämpfende Regierende Bürgermeisterin von Berlin, und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) steigen aus. Denn in ein paar Jahren soll unter der Brachfläche des ehemaligen Autokinos der U-Bahnhof Schönefeld Nord entstehen.
Platz für 10.000 Einwohner am Rande der Metropole

„Wir planen hier ein neues Stadtquartier für 10 000 Einwohner“, sagt der Bürgermeister von Schönefeld, Christian Hentschel. Wer ihn reden hört, kommt ins Staunen. Hier ein neues Stadtviertel, da ein neues Wohnquartier. Neun neue Kindertagesstätten sollen in den nächsten Jahren in seinem Ort entstehen. Die Einwohnerzahl soll von 20 000 auf 40 000 steigen. Gewerbeflächen in einer Größenordnung von 1,3 Millionen Quadratmetern sollen bezogen werden. „Hier soll eine Stadt entstehen, die so werden wird, wie man sich ein neues Stadtquartier wünscht.“

Und eines der wichtigsten Projekte der aufstrebenden Gemeinde ist die Verlängerung der Berliner U-Bahn-Linie 7 vom Bahnhof Rudow zum Flughafen BER. Sieben Unterwegsbahnhöfe sollen entstehen, 15 Minuten Fahrzeit zwischen Rudow und dem BER bewältigt werden. „Wir planen jetzt eine Nutzen-Kosten-Analyse dazu“, sagte Hentschel. „In den nächsten Tagen beginnen die Ausschreibung und die Vergabe dieser Analyse.“

„Projekt von nationaler Bedeutung”

Für Franziska Giffey ist der länderübergreifende Ausbau der U7 ein wichtiges Wahlkampfthema. Schon als Neuköllner Bezirksbürgermeisterin setzte sie sich für das Projekt ein. Unterstützung erhält sie dabei von Woidke. „Dieses Projekt wäre nicht finanzierbar, wenn wir keine Bundesmittel bekämen“, sagte Woidke. Beide Ministerpräsidenten haben deswegen ein Schreiben an Verkehrsminister Volker Wissing aufgesetzt und den Bund aufgefordert, ähnlich wie bei der Verlängerung der U-Bahn-Linie 5 in München 90 Prozent der bislang auf rund 800 Millionen Euro geschätzten Kosten für den U-Bahn-Ausbau zu übernehmen. „Das ist ein Projekt von nationaler Bedeutung“, sagt Woidke.

Auf die Frage, wie sich das Land Brandenburg am U-Bahn-Bau beteiligen will, reagiert der Ministerpräsident zurückhaltend. Das Land hoffe auf die 90 Prozent Bundesfinanzierung, sagt Woidke. „Ich sehe nicht ein, dass wir hier andere Bedingungen bekommen als München.“Über den restlichen Anteil sei man mit der Gemeinde Schönefeld und dem Landkreis Dahme-Spreewald im Gespräch.


Nicht alle in Brandenburgs Regierung sind überzeugt

Für die Zurückhaltung hat Woidke einen Grund: Das Brandenburger ÖPNV-Gesetz schreibt fest, dass der Bau von Straßenbahnen und U-Bahnen eine kommunale Angelegenheit ist, während Regionalbahnen Landesthema sind. „Träger des öffentlichen Personennahverkehrs sind in Brandenburg die Landkreise“, sagte Woidke. „Das schließt aber nicht aus, dass wir da etwas mitfinanzieren.“ Schon heute bekämen die Landkreise viel Geld über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, um den Nahverkehr zu finanzieren.

Doch auch in Woidkes eigener Regierungskoalition sind nicht alle von der Notwendigkeit des U-Bahn-Baus überzeugt. „Aus meiner Sicht stehen Kosten und Nutzen hier in keinem Verhältnis“, sagt Brandenburgs CDU-Generalsekretär Gordon Hoffmann. „Dietmar Woidke kann als Privatperson U-Bahn fahren, so viel und mit wem er will – aber ich erwarte natürlich, dass er als Ministerpräsident die Interessen der Brandenburgerinnen und Brandenburger mehr im Blick hat als den Wahlkampf von Frau Giffey."



Quelle: https://www.nordkurier.de/brandenburg/woidke-und-giffey-werben-fuer-brandenburgs-neue-u-bahn-0351273002.html