06.07.2023, 21:59 Uhr

Absage an Minister: Brandenburgs Lehrer wollen nicht länger arbeiten

Der Plan, dass Lehrkräfte in Brandenburg wegen des Lehrermangels freiwillig später in Rente gehen, wird zunächst verschoben. Das kündigte das Bildungsministerium am Dienstag in Potsdam an.

Potsdam. Kurz nach seinem Amtsantritt stellte Brandenburgs neuer Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) ein Eckpunktepapier vor, mit dem der Lehrermangel behoben und der Unterricht im nächsten Schuljahr abgesichert werden soll. 1800 Lehrkräfte muss das Land einstellen – eine riesige Zahl angesichts des leer gefegten Bewerbermarktes.
Eine Idee ist das Modellprojekt 63+. Lehrkräfte sollen freiwillig länger arbeiten. Dafür werden sie bei den Unterrichtsverpflichtungen entlastet. Sie sollen vor allem Verwaltungsaufgaben übernehmen, sich um die jüngeren Kolleginnen und Kollegen kümmern, die oft keine klassische Lehrerausbildung durchlaufen haben. Das Potenzial ist groß: Nur 20 Prozent der Lehrkräfte in Brandenburg erreichen die Regelaltersgrenze und scheiden stattdessen vorzeitig aus dem Schuldienst aus.

Alle infrage kommenden Lehrkräfte wurden deswegen vom Bildungsministerium angeschrieben. Sie sollten sich bis zu den Sommerferien entscheiden, ob sie im nächsten Schuljahr weiterarbeiten wollen. Die Resonanz sei „noch nicht hoch genug für einen zeitnahen positiven Effekt beim Personalbedarf“, wie das Bildungsministerium nun etwas verklausuliert mitteilte.
 

Mit anderen Worten: Es haben sich nicht genügend Lehrkräfte für das längere Arbeiten gemeldet, dass man sie schon zum neuen Schuljahr im Spätsommer hätte einsetzen können. Das Projekt soll auf das zweite Schulhalbjahr im Februar 2024 verschoben werden.

„Gründe gegen eine Teilnahme waren oft persönlicher Natur. Die Lebensplanung war bereits anders festgelegt oder die Konditionen für das Modell standen noch nicht so weit fest, dass man sich darauf einlassen wollte“, teilte das Ministerium mit. Es ist nicht das einzige Personalproblem im Bildungsbereich. Viele Schulen stehen aktuell ohne Leitung da, weil sich niemand findet, der den Job des Schulleiters übernehmen will.

Minister Freiberg versuchte sich in einer positiven Deutung. Er sprach von einem konstruktiven Gesprächsprozess, von Kritik und hilfreichen Anregungen, die ihn erreicht hätten. Viele Lehrkräfte hätten ihm mitgeteilt, dass sie den Vorschlag für attraktiv hielten. Oft sei aber die persönliche Lebensplanung so weit fortgeschritten, dass sie sich nicht kurzfristig für das längere Arbeiten entschieden. Aufgrund der Hinweise aus der Lehrerschaft soll das Projekt 63+ nun noch einmal überarbeitet werden. Eine Zwangsverpflichtung von Lehrkräften zur längeren Lebensarbeitszeit lehnt das Ministerium ab.

Lehrermangel in Brandenburg: CDU will pensionierte Lehrer gewinnen  

Der Bildungsexperte der CDU-Fraktion, Gordon Hoffmann, brachte einen neuen Vorschlag ins Spiel. „Ich bin eher dafür, dass Lehrer, die bereits im Ruhestand sind, zurückgewonnen werden“, sagte er. Als Anreiz sollte die bisher geltende Zusatzverdienstgrenze für pensionierte Beamte abgeschafft werden. „In Nordrhein-Westfalen hat man damit gute Erfahrungen gemacht“, sagte Hoffmann.

Die Verdienstgrenze liegt aktuell bei 470 Euro im Monat. Das heißt: Jeder Euro, der darüber hinaus im Ruhestand verdient wird, wird mit der Pension verrechnet. Zum 1. Januar 2023 sei diese Zuverdienstgrenze für ehemalige Angestellte im Ruhestand abgeschafft worden. Bei ehemaligen Beamten greife sie aber noch, kritisierte Hoffmann.


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