In einem Drittel der Inklusionsklassen, in denen Kinder mit besonderem Förderbedarf integriert werden sollen, ist die Schülerzahl zu hoch. Der Landeselternrat schlägt Alarm und fordert vom Potsdamer Bildungsministerium die Einhaltung der entsprechenden Verordnungen.
31 Prozent der Klassen, an denen gemeinsamer Unterricht mit Kindern mit Förderbedarf durchgeführt wird, hatten im vergangenen Jahr mehr als 23 Schüler.
Wolfgang Seelbach, Sprecher des Landeselternrates kritisiert, dass damit die Vorgaben zum Projekt Gemeinsames Lernen missachtet werden.
Seitens des Bildungsministeriums hieß es am Dienstag, dass die Verordnung nur eine Empfehlung, nicht aber einen Rechtsanspruch auf kleine Klassen enthalte. Schulämter könnten bei größeren Inklusionsklassen zusätzliche Lehrerstunden bereitstellen. Seelbach lässt diese Argumentation nicht gelten.
„Eine niedrige Klassenfrequenz ist eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen für individuelle Förderung“, sagte er. Das Argument, guter Unterricht sei auch mit größeren Klassen möglich, treffe vielleicht auf Gymnasien mit selbstständig arbeitenden Schülern zu, gehe aber an der Realität von Inklusionsschulen vorbei. Bei Beginn des Pilotversuches Inklusion an 75 Grundschulen sei nie die Rede von Klassen mit 28 oder 29 Schülern gewesen, sagt Seelbach. Ein paar Extra-Lehrerstunden reichten da nicht aus. In einer Schule in Bad Liebenwerda (Elbe-Elster) werde zudem die Obergrenze von nur vier Schülern mit Förderbedarf pro Klasse überschritten.
In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der bildungspolitischen Sprecherin der Linken,
Kathrin Dannenberg, heißt es, dass im vergangenen Schuljahr von den 75 Pilotschulen Inklusion 69 Kinder mit festgestelltem Förderbedarf an Förderschulen gewechselt sind. Dannenberg widersprach am Dienstag der Darstellung des Bildungsministeriums. Sie sieht den Richtwert von 23 Schülern als verbindlich an und forderte Bildungsminister
Günter Baaske (SPD) auf, für dessen Einhaltung zu sorgen.
Für den bildungspolitischen Sprecher der CDU,
Gordon Hoffmann aus Wittenberge, ist das Agieren des Bildungsministeriums nicht verwunderlich. Im vergangenen Jahr habe die Landesregierung wegen der Wahlen besonders viele kleine Klassen genehmigt. Jetzt werde wieder gespart und die Klassenfrequenzen erhöht.
Die Bildungsexpertin der Grünen,
Marie Luise von Halem, wirft dem Bildungsminister vor, das Projekt Inklusion sehenden Auges an die Wand zu fahren. Den schwächsten Schülerinnen und Schülern werde die individuelle Förderung verwehrt.