07.12.2016, 16:56 Uhr | Presseartikel der Märkischen Allgemeinen

Nach Pisa-Studie - Brandenburgs Lehrer warnen vor „Testeritis“

Deutschland hat sich vom Pisa-Schock erholt, doch die neue Pisa-Studie 2015 zeigt: Die Leistungen stagnieren. Deutschlands Schüler sind im internationalen Vergleich solide in Mathe, in den Naturwissenschaften und im Lesen – konnten sich aber nicht verbessern. In Brandenburg sagt man dazu: „Im Grunde testen wir uns zu Tode“.

Potsdam. Das deutsche Bildungssystem hat beim weltweiten Schulvergleichstest „Pisa 2015“ einen Dämpfer hinnehmen müssen. Im internationalen Vergleich blieben die 15-jährigen Schüler in Mathematik, Naturwissenschaften und im Lesen im oberen Drittel der Rangliste, verbesserten sich aber zuletzt kaum noch.

Lehrer aus Brandenburg nehmen die neue Pisa-Studie zum Anlass, die Masse an Vergleichstests an Schulen zu kritisieren. Angesichts der vielen Bildungsstudien warnt Günther Fuchs, Landeschef der Lehrergewerkschaft GEW, vor einer umgreifenden „Testeritis“. „Im Grunde testen wir uns zu Tode“, sagt er. Die teils widersprüchlichen Ergebnisse von Studien wie Pisa, TIMMS oder Vera ließen bei Lehrern wie Schülern und Eltern zu viele Fragen offen. „Die Tests kosten viel Zeit, aber dann lässt man die Lehrer mit den Ergebnissen allein.“

Deutsche Schüler punkten mit Lesekompetenz

Das unerwartet schlechte Abschneiden bei der ersten Schulstudie hatte vor 15 Jahren in der Öffentlichkeit den „Pisa-Schock“ ausgelöst. Für Kritik hatte vor allem gesorgt, dass in Deutschland der Bildungserfolg mehr als in anderen Industrieländern von der sozialen Herkunft abhängt. Seither ging es bei den Leistungen deutscher Schüler wieder bergauf – bis jetzt.

Nach zehnjährigem Aufstieg ins obere Mittelfeld haben die Schüler nun teils schlechtere Noten kassiert. In der Mathematik und im Pisa-Schwerpunktfach Naturwissenschaften kann Deutschland in der Rangliste der Länder nicht nach oben hin aufschließen. Dafür punkten die deutschen Schüler mit ihrer Lesekompetenz – hier schnitten sie seit der missglückten Pisa-Premiere so gut ab wie nie zuvor.

In der von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) veröffentlichten Schulerhebung ist Singapur klarer Sieger. Auf Platz zwei und drei landen Japan und Estland.

Brandenburg muss weiterhin hart arbeiten

Zufrieden mit den Ergebnissen der Pisa-Studie 2015 zeigt sich Brandenburgs Bildungsminister Günter Baaske (SPD). Dass deutsche Schüler in den getesteten Bereichen weiterhin deutlich über dem OECD-Durchschnitt liegen, sei „ein achtbares Ergebnis.“ „Gleichwohl muss Brandenburg weiter hart arbeiten, um die Leistungen zu stabilisieren und zu verbessern.“

Das ist offenbar nötig im Land, wie kürzlich der Bildungsvergleich „Vera 8“ des Instituts für Schulqualität der Länder Berlin und Brandenburg offenlegte. Die Ergebnisse sorgten für Aufsehen, weil Achtklässler in Brandenburg besonders auf Ober- und Gesamtschulen bei den Tests vielfach eklatante Schwächen in den Fächern Mathematik, Deutsch und Englisch zeigten.

Es fehlen Konsequenzen in Sachen Lehrermangel

Für Gordon Hoffmann, Bildungsexperte der CDU-Fraktion bringt die neue Pisastudie deshalb „reichlich Hausaufgaben“ für Brandenburgs Bildungsminister mit. „Im internationalen Bereich können wir die Ergebnisse nur halten und nicht verbessern.“ Auch die Bildungs- und Unterrichtsqualität in Brandenburg müsse steigen. „Die Landesregierung zieht aus dem Lehrermangel keine vernünftigen Schlüsse“, kritisierte er.

Die bildungspolitische Sprecherin der Grünen, Marie Luise von Halem, forderte aus Studien wie Pisa mehr Handlungsempfehlungen ein. (Von Diana Bade)


Quelle: http://www.maz-online.de/Brandenburg/Brandenburgs-Lehrer-warnen-vor-Testeritis