21.03.2017, 08:51 Uhr | Presseartikel der Lausitzer Rundschau

Sorbenrat schlägt Alarm: Wird Sprachelernen schwieriger?
Neue Verordnung des Landes sieht mindestens zwölf Schüler pro Lerngruppe vor

Spreewald Es ist nicht gerade alltägliches Terrain, auf dem sich Roswitha Schier und Gordon Hoffmann kürzlich bewegt haben. Roswitha Schier ist Landtagsabgeordnete im OSL-Kreis, Gordon Hoffmann kommt aus der Prignitz, ist bildungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag. Auf den weiten Weg nach Neu Zauche und Straupitz machte er sich, weil ihn ein Hilferuf des Sorbenrates erreichte. Und den treibt auch Roswitha Schier um.
Die Domowina bat dringend um Unterstützung und politische Einflussnahme, weil die Landesregierung in einer neuen Sorben/Wenden-Schulverordnung plant, die Einrichtung einer Sprachklasse Niedersorbisch von einer Mindestschülerzahl in Höhe von zwölf Mädchen und Jungen je Lerngruppe abhängig zu machen.

Vor diesem Hintergrund appelliert die Domowina an die Politiker, „ihren Einfluss geltend zu machen, dass mindestens der jetzige Standard gehalten wird. Es ist die Aufgabe des Landes, an jeder Schule, wo es die Eltern wünschen, Sorbisch-Unterricht zu gewährleisten.“ Das Niedersorbische gehöre zu den am meisten gefährdeten Sprachen Europas und stehe unter besonderem Schutz. Dar- über hinaus verweist die Domowina auf den in der Brandenburgischen Verfassung verankerten Minderheitenschutz für die Wenden und Sorben.

Das nahmen Roswitha Schier und Gordon Hoffmann sehr ernst. Eine Verordnung ist zwar ein Geschäft der laufenden Verwaltung und die politische Einflussnahme deutlich geringer als eine Veränderung, die den Landtag passieren muss. Doch Hinterfragen können die Landtagsabgeordneten solche Neuerungen schon, auch mit Nachdruck.

Um Argumente zu sammeln, reisten die beiden in die Witaj-Kita nach Neu Zauche und in die Houwald-Grundschule nach Straupitz, sprachen mit Leiterinnen und Lehrerinnen wie Sylvia Tilgner, die Witaj in Neu Zauche ins Leben gerufen hatte, und nahmen an Unterrichtsstunden Teil. Mit dabei waren Björn Lakenmacher von der CDU-Fraktion sowie Annett Joppich vom Amt Lieberose/Oberspreewald.

Ergebnis: Sechs Kinder trafen sie jeweils an, die sich damit beschäftigten, wie die Zahlen in der anderen Sprache heißen oder wie niedersorbische Adjektive gesteigert werden. Die Zahl von zwölf Kindern hält Gordon Hoffmann denn auch für „viel zu hoch. Damit würden viele dieser Projekte vor dem Aus stehen.“ Dabei sei es toll gewesen zu sehen, wie die jüngsten niedersorbische Lieder sagen und die älteren versuchten, den Gästen wichtige Sätze beizubringen wie etwa die Frage nach dem Namen. Doch für den kontinuierlichen Unterricht, schätzt der bildungspolitische Sprecher ein, brauchen Eltern und Schulen verlässliche Strukturen.

Die könnten mit der neuen Verordnung ins Wanken geraten. Im Entwurf steht, dass die Lerngruppe aus maximal zwei Klassenstufen gebildet werden darf. Kommen zwölf Teilnehmer trotzdem nicht zustande, können die Schüler den Wendisch/sorbisch-Unterricht auch an einer anderen Schule belegen. Hieße das für die Straupitzer Grundschüler, dass sie beispielsweise an die Goyatzer Oberschule fahren müssten?

Solche und weiterführende Fragen sind noch offen. Mit ihrem frisch erworbenen Wissen über die Praxis werden sich Roswitha Schier und Gordon Hoffmann eindringlich mit dem Thema beschäftigen. „Wir werden im Landtag dafür werben, alles Menschenmögliche zu tun, um diesen Schatz zu bewahren“, versichert der Prignitzer.

Die Lübbenauerin Roswitha Schier ergänzt: „Dass die Neuerungen mit dem Thema Geld verbunden sind, will ich gar nicht in Abrede stellen. Aber wenn die Sprache einmal weg ist, ist sie weg. Man darf Sorbisch-Wendisches nicht auf Tracht, Vogelhochzeit oder Kokot reduzieren. Das wäre falsch und deshalb ist uns der Erhalt der Sprache so wichtig.“(Von Ingvil Schirling)



Quelle: www.lr-online.de