Der Lügenvorwurf Immer neue Pannen: Im Streit um das Mathe-Abitur verschärft sich der Ton
Potsdam - Im Streit um die Pannen beim Mathematik-Abitur in Brandenburg sind nun erstmals Lügen-Vorwürfe laut geworden – gegen Bildungsminister Günther Baaske (SPD) durch die Junge Union, den Nachwuchs der CDU. Und der Bildungsexperte der CDU-Landtagsfraktion, Gordon Hoffmann, forderte: „Minister Baaske muss sich entschuldigen.“ Selbst dessen Koalitionspartner will sich die Sachen nun noch einmal genauer ansehen. Kathrin Dannenberg, Bildungsexpertin der Linksfraktion, hat Akteneinsicht beantragt und will sich „selbst einen Überblick verschaffen“. Sie wolle zur Klärung beitragen – „insbesondere zum Kontrollvorgang der Aufgaben des Mathematikabiturs“, sagte Dannenberg.
Bei dem hatte es – wie berichtet – Pannen und Verfahrensfehler gegeben. Darauf gestoßen war der CDU-Politiker Hoffmann, als er am Mittwoch Akteneinsicht nahm. Dabei stellte er fest, dass das Protokoll zu einer von drei Kontrollrunden vor Freigabe der Prüfungsaufgaben fehlte. Und er sagte, dass es diese Kontrolle wohl nicht gegeben habe. Baaske warf Hoffmann daraufhin vor, er verbreite wissentlich die Unwahrheit. Alle drei Kontrollrunden hätten stattgefunden. Doch das Ministerium selbst musste am Donnerstag schließlich einräumen, dass Hoffmann doch recht hatte.
Die umstrittene Eisbecher-Aufgabe, wegen der 2600 Schüler die Prüfung wiederholen durften, gab es in zwei Versionen. Einmal für die Lösung mit CAS-Taschenrechner, der Funktionen grafisch darstellt, und ohne Rechner. Vorgesehen sind für jede Variante drei Kontrollrunden. Doch in der ersten Runde, bei der Lehrer versuchen, wie Schüler die Aufgaben zu lösen, gab es nur einen Test für die Aufgaben mit CAS-Rechner. Das Ministerium erklärte nun, die Aufgabe mit Rechner sei nahezu identisch für die Aufgabe ohne Rechner und habe nur eine Teilaufgabe mehr. Daher könnten die Ergebnisse der Kontrollrunde für die Prüfung mit Rechner auf die Prüfung ohne Rechner einfach übertragen werden.
In der zweiten Kontrollrunde aber wurden beide Aufgabenvarianten wieder einzeln durchgeprüft. Für die umstrittene Eisbecher-Aufgabe ohne Taschenrechner war das Votum der Lehrer verheerend: „ungeeignet“, „nicht vorgesehen“, „unterrichtsfern“. Nun geht es um die Frage: Wäre die Aufgabe überhaupt zugelassen worden, wenn es eine Erstkontrolle gegeben hätte?
Mit im Schnitt 6,8 Punkten sind die Mathe-Prüfungen diesmal schlechter ausgefallen als im Schuljahr zuvor (8 Punkte). Als Grund führte Baaske die „für die Schulen immer noch neuen Bildungsstandards“ an, „deren Auswirkungen an den Schulen nunmehr spürbar angekommen sind“. Auffällig sind aber auch die Unterschiede zwischen der Hauptprüfung und dem Nachschreibetermin, den der Minister wegen der Pannen möglich gemacht hatte. 7,3 Punkte gab es beim Haupttermin, nur 6 Punkte bei der Wiederholung für betroffene Schüler, an deren Schulen die Funktion der Eisbecher-Aufgabe nicht gelehrt worden war. Baaske teilte sogar mit, dass die „Aufgabe 2 gut lösbar war“. Dabei waren es zwei Wahlaufgaben. Wie oft die Eisbecher-Aufgabe im Erstanlauf überhaupt von den Schülern gelöst wurde, dazu erklärt das Ministerium nur: „Dazu liegen uns keine Zahlen vor.“ CDU-Bildungsexperte Hoffmann beklagt nun, Baaske habe hartnäckig jegliches Verschulden seines Ministeriums geleugnet. Eine Entschuldigung sei das Mindeste. Baaske habe Brandenburg bundesweit in Verruf gebracht, sein Auftreten grenze an Sabotage. (Von Alexander Fröhlich)
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