Das Land Brandenburg wird auch künftig in hohem Maß auf Seiteneinsteiger an seinen Schulen angewiesen sein. „Wir kommen mit den ausgebildeten Lehrkräften in Deutschland nicht klar“, sagte Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) am Freitag in Potsdam. Brandenburg habe derzeit 19 500 Lehrer, von denen jährlich 600 bis 800 in Pension gehen. Ab dem Jahr 2021 gehen sogar 900 pro Jahr, sagte Ernst. „Für die nächsten zwölf Jahre brauchen wir sechs Jahre lang je 1000 neue Lehrer, sechs weitere Jahre dann je 600.“ Besonders benötigt würden Lehrer in den Naturwissenschaften, an den Grundschulen und in den Sonderschulen. Perspektivisch kalkuliere das Land damit, dass bis zu 50 Prozent aller neuen Lehrer Seiteneinsteiger sein werden.
Am Freitag stellte Ernst neue Leitlinien für die Ausbildung von Seiteneinsteigern vor, die ab dem 1. Januar 2019 in Brandenburg umgesetzt werden sollen. Wer zu den Stichtagen 1. August oder 1. Februar als Seiteneinsteiger für den Schuldienst eingestellt wird, erhält künftig zunächst einen dreimonatigen Vorbereitungskurs, bevor er für zwölf Monate an einer Schule unterrichtet. Anschließend wird entschieden, ob der Bewerber oder die Bewerberin dauerhaft übernommen wird. In diesem Fall wird den neuen Lehrern dann eine berufsbegleitende Qualifikation angeboten, die laut Ernst bis zu fünf Jahre dauern kann. Dies sei ein „sehr sicherer Weg in den Schuldienst“, sagte Ernst am Freitag. Es hänge aber bei jedem einzelnen Kandidaten vom Einzelfall ab, ob er oder sie eine vollwertige Lehrkraft werden könne.
Für die Verbeamtung sei eine Lehrbefähigung in zwei Fächern erforderlich, für die auch weiterhin ein Staatsexamen nötig sei. Auch das könne aber berufsbegleitend erworben werden. „Wir wollen die Seiteneinsteiger qualifizieren und ihnen dauerhafte Perspektiven im Schuldienst verschaffen“, sagte Ernst. „Uns sind die Seiteneinsteiger willkommen, wir begreifen sie nicht nur als Notlösungen.“
Der Prignitzer CDU-Abgeordnete und Bildungsexperte Gordon Hoffmann erinnerte daran, dass ein ähnliches Modell zur Qualifizierung von Seiteneinsteigern bereits in Sachsen angewandt werde. „Endlich reagiert die Regierung und folgt dem sächsischen Modell, wonach jeder Seiteneinsteiger einen Einstiegskurs erhält, bevor er oder sie an die Schulen geschickt wird“, sagte Hoffmann. Bedauerlich ist allerdings, dass bis dahin noch mal ein halbes Jahr verstreichen werde. Die Seiteneinsteiger für das nächste Schuljahr würden ohne diesen Kurs ins kalte Wasser geworfen. „Das ist sehr schade, denn wenn die Bedingungen stimmen, können Seiteneinsteiger eine Bereicherung für die Schulen sein.“
Die Bildungsexpertin der Linken, Kathrin Dannenberg, mahnte an, dass Seiteneinsteiger perspektivisch ein Lehramt erwerben können müssten, damit es keine Lehrer erster oder zweiter Klasse gibt. Nötig seien ein „Klima der Wertschätzung“ an den Schulen sowie faire finanzielle Eingruppierungen.
GEW-Landeschef Günther Fuchs sagte der RUNDSCHAU, dass die geplante Qualifzierung und ein Unterstützungs- und Begleitungssystem für Seiteneinsteiger dringend nötig seien. Zudem seien berufliche Perspektiven für die Seiteneinsteiger dringend nötig. Das Programm der Landesregierung sei deswegen eine wichtige und richtige Umsetzung der Verhandlungen mit den Gewerkschaften vom November. (Von Benjamin Lassiwe)
Quelle: www.lr-online.de/nachrichten/brandenburg/50-prozent-seiteneinsteigern-unter-neu-eingestellten-lehrern_aid-7974249