Perleberg/Potsdam | Für die Schulgesundheitsfachkräfte, auch Schulkrankenschwestern genannt, sieht die Zukunft düster aus. Die Fraktionsvorsitzenden von SPD (Daniel Keller), CDU (Jan Redmann) und Bündnis 90/Die Grünen (Petra Budke und Benjamin Raschke) haben am Freitag im Brandenburger Landtag das Aus angekündigt, sie wollen das Modellprojekt zum Jahresende auslaufen lassen.
Doch die Hoffnung stirbt zuletzt, und „die Entscheidungen fallen erst im Dezember“, so der Prignitzer Landtagsabgeordnete der Linken, Thomas Domres. Und so werde auch wie geplant die Demonstration am Mittwoch, 3. November, vor dem Brandenburger Landtag stattfinden. Diese beginnt um 9.30 Uhr. Zu dieser Zeit beginnt der Sozialausschuss des Landtages. Die Linken wollen in der laufenden Haushaltsdebatte Anträge stellen, um die Schulkrankenschwestern an den Schulen zu erhalten, so Thomas Domres.
Schulgesundheitsfachkräfte werden von allen Seiten gelobt Die Linken und alle Mitstreiter, die sich bereits im vergangenen Jahr für eine Verstetigung des Modellprojektes eingesetzt haben, sind über diese Entscheidung der Koalitionsparteien verwundert. Denn die Schulgesundheitsfachkräfte werden von allen Seiten gelobt, als eine Erfolgsgeschichte bezeichnet. Dennoch gibt man ihnen keine Zukunft.
Bereits im vergangenen Jahr standen sie vor dem Aus, bevor das Land Brandenburg noch einmal Mittel zur Verfügung stellte. Doch das Ziel einer Verstetigung wurde nicht erreicht. Darum kämpft seit Jahren die Arbeiterwohlfahrt, deren Bezirksverband Potsdam noch der Projektträger ist.
Überflüssige Krankentransporte entfallen
Seit fünf Jahren gibt es an 27 Brandenburger Schulen, darunter auch beide Perleberger Grundschulen und die Oberschule, dieses Modelprojekt. Inzwischen sind sie etabliert, denn sie behandeln, beraten, trösten und geben Erste-Hilfe-Kurse. Mit ihrer Arbeit entlasten die Gesundheitsfachkräfte - In Perleberg sind es Mandy Zoll und Claudia Zock - auch Lehrer, Eltern und das Gesundheitssystem. Die meisten Kinder können schnell wieder in den Unterricht zurück, weil sie von einer Fachkraft betreut und erstbehandelt werden. Überflüssige Krankentransporte entfallen somit.
Gespräche im Landtag laufen noch
„Ich persönlich halte den Einsatz der Schulgesundheitsfachkräfte für eine wichtige Erweiterung des Fachpersonals an unseren Schulen und für einen echten Gewinn“, so der Landtagsabgeordnete Harald Pohle (SPD) auf „Prignitzer“-Anfrage. Eine Verstetigung des Projektes sei ohne Frage wünschenswert. Das habe er auch seiner Fraktion gegenüber zum Ausdruck gebracht.
Doch Pohle muss auch feststellen, „dass der Haushaltsentwurf des Gesundheitsministeriums derzeit leider keine Mittel vorsieht, um das Modellprojekt zu verstetigen“. Darauf weist auch sein CDU-Kollege Gordon Hoffmann hin. Da sich mit der AOK Nord-Ost ein wesentlicher Akteur aus der Finanzierung zurückgezogen habe, „müsste das Land somit die gesamten Kosten allein tragen“, sagt der CDU-Landtagsabgeordnete. „Das bislang zuständige Gesundheitsministerium hat in seinem Haushaltsentwurf keine entsprechenden Mittel zur Fortführung veranschlagt.“
Harald Pohle hatte im Vorfeld der am Freitag verkündeten Entscheidung noch gehofft, dass die SPD-Fraktion das Thema in den Haushaltsverhandlungen noch einmal aufgreifen und nach Möglichkeiten für eine weiterführende Finanzierung suchen werde. Sein CDU-Kollege Gordon Hoffmann hingegen sieht nur eine Möglichkeit zur Verstetigung, „wenn Schulgesundheitsfachkräfte perspektivisch allen Schulen zur Verfügung stehen. Das ist finanziell zurzeit nicht möglich“.
Einsetzen in multiprofessionelle Teams
Außerdem werbe er vielmehr dafür, dass Schulgesundheitsfachkräfte perspektivisch auch im Rahmen der Stellen für multiprofessionelle Teams eingesetzt werden können. Im Koalitionsvertrag habe man sich darauf verständigt, 400 Vollzeitstellen dafür zu schaffen. „Das ist angesichts der durch Corona extrem belasteten Haushaltssituation nicht einfach, aber wir halten dennoch an diesem Ziel fest. Diese Stellen sollen nach einem eigens zu entwickelnden Sozialindikator an die Schulen verteilt werden, die besondere Unterstützung am dringendsten benötigen“, so Gordon Hoffmann. „Sofern dort die Entscheidung für eine Schulgesundheitsfachkraft fällt, könnte eine entsprechende Stelle besetzt werden.“
Für die beiden Perleberger Schulkrankenschwestern Mandy Zoll und Claudia Zock, die sich inzwischen arbeitssuchend beim Arbeitsamt melden mussten, bleibt die Zukunft weiterhin ungewiss. Die Stadt Perleberg sieht nach wie vor das Land in der Verantwortung, so Bürgermeisterin Annett Jura. In wie weit die Rolandstadt über eine Plan B nachdenkt, lässt sie offen. (Von Rene Hill)
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