Potsdam (MOZ) In der SPD spricht man leicht spöttisch von der Boygroup, wenn vom Führungszirkel der CDU die Rede ist. Dabei ist das Trio um Parteichef Ingo Senftleben keineswegs jung und unerfahren – und die vier wurden auch nicht gecastet.
Ob Familie Senftleben sich neu eingerichtet hat oder im Stehen speist, ist nicht überliefert. Jedenfalls müssen die Familienmitglieder ohne ihren angestammten Küchentisch auskommen. Der steht fern der Lausitz in der Landeszentrale in Potsdam – wenn er nicht gerade in den einen oder anderen Landesteil unterwegs ist. Am Küchentisch redet man Klartext! Diese Aussage des CDU-Chefs stand hinter der ungewöhnlichen Aktion, mit der Ingo Senftleben gerade durch das Land tourt. Er will mit Leuten ins Gespräch kommen, die herkömmliche Politikformate vielleicht meiden.
Es ist eine Art Übung, ohne Pressebegleitung. Rechtzeitig bevor die Auftritte im Wahlkampf 2019 sitzen müssen. Auch die anderen Mitglieder der Landtagsfraktion sind aufgefordert, in diesen Wochen Präsenz zu zeigen. „Wir wollen nicht in die Städte, sondern aufs Land“, sagt Gordon Hoffmann, Bildungsexperte seiner Fraktion und seit Kurzem im Nebenjob Wahlkampfmanager. Dorthin, wo die Menschen lange keinem Politiker mehr gegenüber gestanden haben – oder eben gesessen.
Aber es gibt auch andere Formate. Verbände und Interessenvertretungen gehen auf Senftleben zu. Kürzlich war der 43-Järhige bei der Vereinigung der Landnutzerverbände zu Gast, die sich erkundigen wollten, wie ihre Anliegen bei der CDU aufgehoben wären. Dazu gehören auch Vereinigungen, die früher direkt mit der SPD verbandelt waren und beste Kontakte ins SPD-geführte Landwirtschaftsministerium unterhalten.
Getragen wird Senftleben von einem engen Kreis, sprich drei Abgeordneten, die qua Amt das Management übernommen haben: Generalsekretär Steeven Bretz, der Parlamentarische Geschäftsführer Jan Redmann und Gordon Hoffmann. Die SPD lästert gern über die Boygroup, die sich auf die Übernahme der Staatskanzlei vorbereite. Allerdings sind die vier keineswegs so unerfahren, wie der Spitzname suggerieren möchte. Vielleicht drückt sich darin aber auch die Verwunderung aus, dass erstmals seit Langem in der Geschichte der brandenburgischen CDU eine Führungsriege an einem Strang zieht.
Selbst als Senftleben zu Beginn des Jahres ankündigte, nach der nächsten Wahl mit AfD und Linker reden zu wollen – ein doppelter Tabubruch gegen die Vorgaben der Bundespartei –, erreichte das Gegrummel im Landesverband nicht die öffentliche Wahrnehmungsschwelle. Inzwischen zeichnet sich in Frankfurt (Oder) bereits eine Kooperation ab, bei der ein Christdemokrat Bürgermeister unter einem Oberbürgermeister mit dem Parteibuch der Linken werden soll. Auch das ohne Aufregung in der Partei. Nicht einmal die Frauen haben bislang mehr Einfluss auf die Entscheidungen eingefordert. Die Vier haben die CDU offenbar im Griff – aber nur wenn sie 2019 liefern. Von Ulrich Thiessen
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